Zivilgesellschaft muss hinschauen

Zivilgesellschaft muss hinschauen

Hilfe für Opfer häuslicher Gewalt

 

Von Gewalt betroffene Frauen brauchen schnell und unbürokratisch Hilfe

Aber oft stellt sich Freunden oder Nachbarn von Gewaltopfern die Frage, wie sie helfen können. „Nicht wegschauen und das Problem im Privatbereich verstecken, sondern hinschauen und Ansprechbarkeit signalisieren", empfehlen Expertinnen. Andere Unterstützungsmöglichkeiten: Die Frau zu einem Beratungsgespräch begleiten oder eben im Notfall mit der Notrufnummer 110 die Polizei rufen.

Wie die Gesellschaft Solidarität mit den Betroffenen zeigen kann und welche Maßnahmen des Opferschutzes, der Täterarbeit und der Prävention in Osnabrück bereits geleistet werden, war Thema einer Informationsveranstaltung aus Anlass des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen im Amtsgericht.

Auf Einladung des Amtsgerichts, hier vertreten durch Vizepräsident Dr. Michael Hune (im Bild hinten Mitte), informierten Polizei, BISS, Frauenberatung, Weisser Ring, Stiftung Opferhilfe und Zonta-Club Westfälischer Frieden über ihre Aktivitäten.

Ausgehend von den Forderungen eines vor wenigen Tagen Bundesfamilienministerin Lisa Paus überreichten Manifests von 77 zivilgesellschaftlichen Organisationen, Expertinnen und Betroffenen mit dem Titel „Wir ALLE gegen Gewalt an Frauen", zeigten die Aktiven, dass man in Stadt und Landkreis Osnabrück schon ein dicht gespanntes und interdisziplinär verknüpftes Netzwerk gegen Gewalt aufgebaut hat. Polizei, Justiz und Beratungsstellen arbeiten hier Hand in Hand und mit verschiedenen ehrenamtlich tätigen Organisationen.

Hilfe kommt unaufgefordert

Sobald die Polizei-Inspektion Kenntnis von einem familiären oder häuslichen Gewaltdelikt hat, was in 2022 etwa 1500-mal der Fall war, setzt sie die sogenannte Interventionskette in Gang, berichtete Polizeibeamtin Heike Ahlrichs. Die Polizei informiert die „Beratungs- und Interventionsstelle" (BISS), die sich ihrerseits ganz unbürokratisch mit dem Gewaltopfer in Verbindung setzt. „Wir fragen dann: ‚Wie geht es Ihnen? Kennen Sie Ihre Rechte?'", berichtete Julia Marx von der Osnabrücker BISS-Stelle, „und bieten entsprechende Unterstützung an". Viele Betroffene seien für diese proaktive Kontaktaufnahme sehr dankbar, sie hätten sich oft selbst nicht getraut, Hilfe zu suchen. Seit 20 Jahren gibt es das Gewaltschutzgesetz, das den Täter aus dem Haus weist („Wer schlägt, der geht"), doch das sei längst nicht allen Betroffenen bekannt. Den Gewalttätigen werden Kurse zur Verhaltensänderung bei der Täterberatungsstelle FAUST angeboten und das Jugendamt wird informiert, wenn Kinder im Haushalt leben. So soll gewährleistet werden, dass möglichst frühzeitig Maßnahmen für einen guten Opferschutz getroffen werden können.

Neben den BISS-Stellen gibt es seit 35 Jahren die Frauenberatungsstelle, die, so Ann-Katrin Steinkamp, Gewalttopfern anonyme und kostenlose Beratung anbietet. Jessica Beier stellte die dem Justizministerium angegliederte „Stiftung Opferhilfe" vor, die mit elf Büros in Niedersachsen persönliche Gespräche, online-Beratung, finanzielle Soforthilfe sowie psychosoziale Prozessbegleitung ermöglicht. Der 1976 gegründete „Weisse Ring" bietet auf ehrenamtlicher Basis ebenfalls Zuhören, Beraten und Begleiten an, wie Anette Herbert im Namen der 13 Osnabrücker Aktiven mitteilte. Der Zonta-Club Westfälischer Friede beschreibt sich als Frauennetzwerk, das weltweit frauen- und sozialpolitisch unterwegs ist. Hier in Osnabrück, so die „Zonta-says-No"-Beauftragte Cornelia Streb-Baumann, legen die Zontians einen Schwerpunkt auf die Bekämpfung von Gewalt an Frauen. Mit Selbstbehauptungs-Workshops für Mädchen, einem Schülerwettbewerb „Hass im Netz - was können wir tun?", der Aufstellung oranger Bänken und der Verteilung von Brötchentüten mit aufgedruckten Hilfetelefonnummern sei der Zonta-Club präventiv aktiv.

Als Mitglied der Union deutscher Zonta-Clubs hat der Club auch Anteil an dem Manifest „Wir ALLE gegen Gewalt an Frauen", das zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen gemeinsam mit 77 anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen, Expertinnen und erstmals auch Betroffenen Familienministerin Lisa Paus überreicht wurde.